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I Am Jonny auf Mona Lisa im ZDF

Hinzugefügt 3 September von IAmJonnyIn News Archiv0 Kommentare

Mona Lisa I AM Jonny ZDF

 

Auch Jonnys Schwester Tina K. setzt auf Prävention: Mit dem Verein „I am Jonny“ versucht sie in Schulen und öffentlichen Veranstaltungen, Menschen für das Thema Gewaltprävention und Zivilcourage zu sensibilisieren. Im ML-Interview berichtet Tina K. über ihre Erfahrungen.

 

ZDF: Was waren die ersten Gedanken, als am vergangenen Sonntag ein junger Mensch am Alexanderplatz den Tod fand?
Tina K.: Ich war erschüttert, aber ich habe zuerst an die Familie und Freunde gedacht. Damit kann man sich am meisten identifizieren, wie es ist, wie man sich fühlt, als wäre es überhaupt nicht real. Und auch jetzt ist es wieder eine Tat zu viel, die in unserer Stadt passiert.


ZDF: Was würden Sie der Familie mitgeben?
Tina K.: Jeder hat seine eigene Art zu trauern, er sollte der Trauer auch nachlassen können, aber was sie auf keinen Fall machen sollten, ist sich die Schuld geben. Ich weiß, wie es bei uns ist: Ich gebe mir die Schuld, mein Freund gibt sich die Schuld, mein Papa und meine Mama – alle auf ihre unterschiedliche Art und Weise denken, sie hätten etwas verändern können. Aber Tatsache ist, dass nur der Täter, der das Messer gezogen, Schuld an dieser furchtbaren Tat hat.

ZDF: Wie haben Sie es geschafft, ein “normales“ Leben danach zu führen?
Tina K.: Ich kann es nicht sagen, ich weiß nicht warum ich so gehandelt habe und einen Verein für ihn gegründet habe. Es war Wut und es war die Ohnmacht. Aber ich dachte auf der anderen Seite, ich werde das nicht zulassen, dass mein Bruder das Opfer vom Alexanderplatz ist, denn das ist er nicht. Mein Bruder ist ein liebenswerter, netter, ruhiger und immer höflicher junger Mensch gewesen, der mit 20 Jahren einfach viel zu früh gegangen ist. Und das einfach nur, weil er zu falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Und ich wollte einfach nicht, dass mein Bruder einfach ein weiteres Aktenzeichen ist.

Ich glaube, das müssen die Menschen einfach verstehen – es ist nicht ein Zeitungsartikel, der jetzt einfach weg ist und dann schlägst du die nächste Seite auf, isst dann deine Brötchen und lebst weiter. Sondern es sind eben ganz viele Menschen in diesem Land, die Opfer von so einer Gewalttat geworden sind und ihr Leben lang trauern werden. Es war einfach die Ohnmacht, ich dachte ich muss etwas machen. Die Gesellschaft ist verroht und dass meinem Bruder das passiert ist, das zeigt mir einfach, es kann jeden treffen. Das ist so wie ein Glücksrad und das kann nicht sein. Deshalb machen wir Präventionsarbeit, deswegen haben wir “I am Jonny“ gegründet. “I am Jonny“ steht für: Es hätte jeden treffen können, und auch mein Bruder hatte Zivilcourage gezeigt.

ZDF: Wie kann es sein, dass die Jugendlichen so gewalttätig sind?
Tina K.: Ich glaube, es hat sich so eine Art Verrohung in der Gesellschaft aufgebaut. Viele sagen, es sind nur die Jugendlichen, aber wenn du durch die Straßen gehst ist es generell die Gesellschaft. Die meisten Leute sind so egoistisch und auf sich konzentriert, dass sie vergessen haben, sich gegenseitig zu grüßen, einfach freundlich zu sein, sich auf die positiven Aspekte des Lebens zu konzentrieren.Bei ganz vielen Jugendlichen herrscht Perspektivlosigkeit, die haben keine Ansprechpartner, wo sie hingehen können. Es reicht nicht, zu sagen, du musst dir eine Ausbildung suchen oder du solltest dir ein Hobby suchen. Heutzutage ist es so, du musst genau wissen, was du machen möchtest. Aber das wissen ganz viele nicht und dann kommt einfach der Frust und viele sind gewalttätig sich selbst gegenüber oder werden dann einfach zu Gewalttätern.

ZDF: Ist die Gewalt brutaler geworden?
Tina K.: Auch wenn die Zahlen offiziell nach unten gehen, ich glaube es, gibt ganz viele Leute, die keine Anzeige erstatten, weil sie einfach denken, es passiert sowieso nichts. Ich merke das gerade in Schulen: Eine Diskussion oder ein respektloses Wort und die Reaktion ist sofort die Faust. Das kann nicht sein, dass das zur Norm geworden ist in unserer Gesellschaft. Wir leben in einem wunderschönen Land, es gibt genug Arbeitsplätze, es gibt genug Essen, es gibt genug Wohnungen, es gibt genug für alle. Aber es gibt gewisse Menschen, die auf Aggression aus sind, die einfach nur darauf warten, dass irgendwer reagiert und sie einfach zuschlagen können. Wir müssen uns dagegenstellen. Wir müssen da wirklich als Gesellschaft sagen, wir möchten keine Gewalt haben.Auch in den Schulen muss Gewalt geächtet werden. Es kann nicht sein, dass Jugendliche sich dafür feiern, dass sie sich in einer Gruppe mit einer Person schlagen, oder das es Massenschlägereien gibt, oder sie in einem Kreis rumstehen und einem Mädchen dabei zu sehen, wie es ein anderes Mädchen schlägt. Einfach nur um dabei gewesen zu sein. Da sind wir als Gesellschaft gefragt, dass wenn jemand gewalttätig wird, dass er wirklich sofort bestraft wird und dass es sofort Sanktionen gibt.

ZDF: Was kann jeder Einzelne tun?
Tina K.: Zivilcourage, ist das A und O in unserer Gesellschaft und Zivilcourage fängt nicht erst an, wenn es eine Massenschlägerei gibt, sondern es fängt schon vorher an. Wenn du merkst, dass dein Freund oder Bekannter, jetzt der Meinung ist, er müsse mit dem Messer durch die Gegend laufen, dass du ihm wirklich sagst, dass das nicht korrekt ist, es könnte dir was passieren, es könnte jemand anderes was passieren. Immer die Polizei rufen oder wirklich vorher versuchen, im Freundeskreis oder im Familienkreis, dieser Person zu helfen. Wenn das nicht hilft, sich Hilfe holen beim Jugendamt, zur Polizei gehen, sagen was los ist.Jeder sollte Zivilcourage zeigen, sobald er sieht, dass jemand bedrängt wird oder in einer Situation ist, in der es auch schlecht ausgehen könnte. Einfach auf der Seite des Schwächeren sein, und nicht weggucken, und nicht denken, wenn ich es nicht gesehen habe, dann ist es nicht passiert. Denn genau das ist die falsche Reaktion auf so eine Tat.


ZDF: Was ist “I am Jonny“?
Tina K.: “I am Jonny“ ist unser Verein. Wir machen Präventionsarbeit und setzen uns dafür ein. Gehen an Schulen und machen Projekte und unser Fokus ist Toleranz und eine gemeinschaftliche Zivilcourage zu fördern. Prävention fängt für mich ganz klein an, eigentlich schon im Kindergarten, aufklären über das friedliche Miteinander, wie man miteinander umgeht. Unsere Hauptaufgabe ist eigentlich, dass wir wöchentlich Schulbesuche haben in Berlin und auch deutschlandweit. Wir sprechen dann erstmal über unsere jetzige Jugendgewalt, wie die zurzeit aussieht und danach sprechen wir viel über Zivilcourage und vor allem auch Teamwork: Wie verhalte ich mich, wie hat eine Klassengemeinschaft zu funktionieren.


ZDF: Welche Erfahrungen machen Sie in den Schulen?
Tina K.: Wir haben immer eine offene Gesprächsrunde nachdem wir unsere Geschichte erzählt haben, dann frage ich die Schüler, ob sie schon Gewalterfahrung gemacht haben. Da ist es ganz egal, ob es eine Grundschule oder eine Oberschule ist, oder in einem guten oder schlechten Bezirk, die Antwort ist immer gleich, jeder meint: wir haben schon Gewalterfahrung gemacht.

 

Danke Liebe Caro für das nette Interview.
Es ist dennoch sehr traurig, dass immer wieder erst so etwas schlimmes passieren muss, dass die Öffentlichkeit und die Gesellschaft für nen Moment aufgeweckt wird. Ich wünsche mir, sie würden in diesem Bewusstsein bleiben und aktiv werden, denn nur gemeinsam können wir die grundlose Gewalt besiegen.

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